Jakob Knapp

ROTKLEE XXII DIE ERFINDUNG RÜGENS, 2018

Ostseezeitung
06.08.2018
Leena Roosen

Künstler räumen mit dem Mythos Rügen auf

Neueste Ausstellung in Putbus verweist auf die unschöne Kehrseite der Insel.

Malerei, Grafik, Fotografie, Skulptur, Objekt – die Putbusser Galerie „Atelier Rotklee“ vereint seit dem Wochenende Arbeiten von 34 Künstlern…

Jeder der 34 Künstler hat seine ganz eigene Sicht auf die Insel und verwendet sein Material in dieser geschickt arrangierten Exposition wie in einem Zaubergarten. „Hommage an meine Großmutter“ nannte Jakob Knapp seine Arbeit im Untertitel. Im Mittelpunkt steht ein auf Holz montierter Stöckelschuh, eigentlich weiß, aber doch verwirrend bunt verziert. Wie Knapp arbeiten auch andere mit Fundstücken. Ania Rudolph beispielsweise verarbeitete Hühnergötter, Bernstein und Donnerkeile zu „Götterfunken“, Strandgut in Wunderkugeln. Susanne Gabler setzt in „Paradies“ ein lange im Wasser gelegenes, von Muscheln besetztes Feuerzeug in den Meeressand, in einem Goldfischglas. Verspielt arbeitet auch Walter G. Goes, in dem er Gefundenes zu Insel-Typischem zusammensetzt. „Rügen visionär“ heißt sein Hauptobjekt in der Schau…Die Verlegung der Röhrentrasse unter der Ostsee beschäftigt etliche Künstler, auch Frank Otto Sperlich. Sein „Blick auf die Ostsee in Mukran“, ein gewaltiges, schrill farbiges Tryptichon, zeigt eigentlich das Gegenteil. Die Kräne zur Verladung der Rohre lassen vom Meer nichts mehr erkennen…

Erstes Fazit der Schau: Die Ära des ausschließlich schönen Rügen, Sehnsuchtsort vieler Maler um 1900, beliebtes Reiseziel bis heute, scheint vorbei oder zumindest sehr brüchig geworden zu sein.

Das zeigt auch der Inselkünstler Egon Arnold in „Brunnenaue Sagard“, einer vierteiligen Collage, auf der das altehrwürdige, von ihm gezeichnete Denkmal allmählich vom Werbeplakat für Rügens Dinosaurierland überwuchert wird. Hans Dieter Knapp, Vorsitzender des Vereins „Insula Rugia“, macht die Insel-Verwandlung gleich auf zweierlei Weise deutlich. In seinem Werk „Rügen – Romantisch & Real“ zeigt er in einer Fotomontage das „alte“ Rügen mit seinen Alleen,..., daneben die „neue“ Insel – Ansichten riesiger Supermärkte, moderner Ferienanlagen und Vergnügungsparks, übersät von Euro-Zeichen. …Knapp ließ diesen Trend vom Altmodisch-Ursprünglichen zum Neumodisch-Geschmacklosen auch in seiner Eröffnungsrede nicht außer Acht.

„Rügen war ein Mythos, heute werden Natur und Landschaft als Ware gehandelt“, merkte er an…

Den drei Galeriebetreibern, Walter G. Goes, Günther Haußmann und Frank Otto Sperlich, ist tatsächlich ein Coup gelungen, eine überraschend vielfältige Schau, noch dazu zu einem alle, Einheimische und Touristen, angehenden Thema: Die Lieblingsinsel aller Deutschen, Rügen.